Die ganze Geschicht, die lohnt sich nicht
(1.)
Wie plagt man sich manchmal im Leben!
Man hat sich unendliche Müh‘
mit irgend ’ner Sache gegeben,
im Augenblick ist sie perdü!
Die ganze Geschicht‘, die lohnt sich nicht –
Da ist zum Beispiel ein Komponist,
der schreibt ’ne Op’rette seit Jahresfrist,
kriegt wunde Pfoten, er stielt nach Noten,
von Millöcker, Strauß, von der „Fledermaus“,
von Lehár und Fall, von überall,
von Offenbach nimmt er’s und von Suppé,
und nimmt auch von sich ’ne ganz kleine Idee,
und schreibt sich ein Jahr lang die Finger krumm –
und für wen und warum? Fürs Publikum!
Und dann kommt die Premiere und kein Applaus,
und er steht hinten, man ruft ihn nicht raus,
am nächsten Abend ein leeres Haus – aus!
(2.)
’ne Frau noch vom früheren Schlage,
so’n richtiges Heimchen am Herd,
die sagt mir: „Es ist doch ’ne Plage,
das Kochen hat gar keinen Wert.
Die ganze Geschicht‘, die lohnt sich nicht!
Schon morgens geht’s los, man kauft alles ein –
so billig, wie’s geht, und gut muss es sein.
Und dann geht’s in die Küche, fünf Stunden am Fleck,
mit Fisch und mit Fleisch, mit Eiern und Speck,
mit Kümmel und Salz, mit Butter und Schmalz,
mit Milch und mit Mehl, mit Essig und Öl,
mit Zucker und Zimt und was man so nimmt.
Und für wen das alles? Für EINEN bloß!
Der kommt um Eins und frisst drauf los,
bedankt sich gar nicht, das muss so sein –
wie schön das gemacht ist, sieht der nicht ein.
Die ganze Plage, wovon man nichts hat,
denn die Frau, die wird schon vom Kochen satt…
Wem nutzt alles dann? Doch bloß dem Mann!
Und die fünf Stunden Arbeit, den schönen Schmaus,
den frisst er in fünf Minuten aus,
und dann steht er auf und dann muss er raus – Aus!“
(3.)
Durchfliegt man heut achtlos ’ne Zeitung,
bedenkt man wohl selten einmal,
wie plagt sich da täglich die Leitung
mitsamt dem Betriebspersonal!
Die ganze Geschicht‘, die lohnt sich nicht!
Was herrscht für’n Betrieb in der Redaktion,
die Setzer die Drucker, die Expedition,
und zehn Redakteure, die sitzen umher,
und einer steht, ’s ist der Sitzredakteur!
Und da wird nun geschrieben in eenem fort,
’n großer Artikel von Mode und Sport,
und von Kunst ’n ganz kleiner, denn das liest ja doch keiner…
Und Politik, und Börsenkritik,
und dann der Roman, was wird da getan,
da wird rumgestrolcht und heimlich erdolcht
und: Fortsetzung folgt! –
und Telegramme, Erdbebenmalheur
mit tausend Toten – woll’n Se noch mehr?
Zweitausend Mann, kommt gar nicht drauf an…
Und dann das Lokale mit Raub und Mord,
die Leiche hab’n se, der Mörder ist fort…
Und noch zehn Seiten mit Schwindel und Pleiten
und Sterbefällen – ’s wird alles gebracht,
was uns morgens beim Kaffee Vergnügen macht.
Und könn’n se’s nicht schildern, dann bring se’s in Bildern,
die sind oft so schön, so schwarz anzuseh’n.
’s ist kein Hindernis, steht ja drunter wer’s ist.
Und so geb’n se sich Müh bis morgen früh.
Und wer kriegt’s in die Händ‘? Der Abonnent!
Und der überfliegt’s fünf Minuten in irgend ’ner Eck,
dann lässt er’s Blatt liegen auf irgend ’nem Fleck
oder er nimmt’s noch zu irgend ’nem Zweck… – Weg!
(4.)
Es haben zwei achtbare Leute ’ne Tochter, ’ne einzige bloß.
Sie steh’n ihr sorgend zur Seite, kein Opfer ist ihnen zu groß.
Die ganze Geschicht‘, die lohnt sich nicht:
Da geb’n se sich Müh und sparen für sie
und ziehen se groß, ganz makellos,
als Stolz der Familie – sie ist wie ’ne Lilie –
mit zwanzig Jahr’n ganz unerfahr’n…
Und se lull’n se in Schlaf vor dem Großstadtgeräusch
und se halten se brav und se halten se keusch
und halten se fern von allen Herrn
und halten über alles die schirmende Hand
und hoffen im Stillen: „Wir bleiben bei’nand‘ –
’s kommt hoffentlich keiner, der ihr frommt!“
Und dann kommt doch einer, wie das so kommt!
Und nun sagen se bloß: „Nun sind wir se los.
Hab’n zwanzig Jahre gedarbt, gespart,
wir haben se wie eine Lilie bewahrt.
Und wer hat den Lohn? Der Schwiegersohn!“
Und der kriegt se, sie zahl’n ihm die Mitgift aus.
Die Hochzeitsgäste sind noch nicht raus,
da schleppt er die Lilie mit nach Haus – Aus!