Sei nicht blöd!

Sei nicht blöd!

(1.)
Kürzlich traf ich einen alten Vater,
seinem Sohne war er ein Berater.
Dieser Sohn, der wollte freien schon,
darum sprach der Vater zu dem Sohn:
„Sei nicht blöd: Gehst du zum Hochzeitsfeste,
nimm dir jar nicht gleich die erste beste!
Kommt ’ne Zweite, dir die besser passt,
tut’s dir Leid, dass du die erste hast.

(2.)
Sei nicht blöd: Willst prüfen du die Frauen,
darfst du sie nicht abends bloß beschauen,
da verjüngen se sich künstlich oft.
Nee, komm mal des Morgens unverhofft!
Ei, da triffste manchmal manche Schöne
ohne Busen, Waden, Haar und Zähne.
Biste mal des Morgens bei ihr drin,
gehste abends ooch nicht wieder hin!

(3.)
Sei nicht blöd: Du darfst bei schönen Frauen
nicht beständig auf die Haare schauen –
und berühre niemals ihren Zopf,
denn er rutscht vielleicht von ihrem Kopf.
Sag auch nie, dass herrlich die Frisur ist,
denn du weißt ja nicht, ob das Natur ist.
Preis auch nie das schöne blonde Haar,
denn du weiß ja nicht, wie’s früher war.

(4.)
Sei nicht blöd: Geh mit ’ner Maid spazieren.
Bleibt die ständig dann beim Promenieren
Vor ’nem Hut- und Kleiderladen steh’n –
Wenn die noch so schön ist: lass se geh’n!
Aber geht se, es ist nicht dein Schaden,
um zu kochen in ’nen Fleischerladen,
ei, die nimm, wenn se auch hässlich ist,
denn du frisst viel länger als de küsst.

(5.)
Sei nicht blöd: Hast du dein Weibchen gerne,
halt sie stets von ander’n Männern ferne.
Ist sie hässlich, dann gib doppelt Acht,
wenn ein schöner Mann den Hof ihr macht.
Kommt ’n Kind, das schön, das wär‘ ja grässlich!
Lieber ähnlich und ’n bisschen hässlich!
Bedenke stets, wie wunderschön es ist,
wenn du verwandt mit deinem Kinde bist.

(6.)
Sei nicht blöd: Schläfst du die Nächte immer
mit der Frau zusamm’n in einem Zimmer
und sie schnarcht beim Schlafen in der Nacht,
biste aufgewacht und aufgebracht.
Drum schlaf du erst ein, dann wirste fein schlafen,
dann schnarrchst du und dann kann sie nicht einschlafen.
Doch schläft sie erst ein, hast du die Pein:
Dann scharrcht sie und dann schläfst du nicht ein.

(7.)
Sei nicht blöd: Willst du, dass deine Alte
auch im Alter frohen Mut behalte,
sag‘ ihr manchmal, weil sie’s gerne hört,
sie sei heute noch begehrenswert.
Doch dein Heucheln muss in Grenzen bleiben,
darfst die Schmeichelei nicht übertreiben,
denn sonst sagt sie: „Komm!“ voll Zärtlichkeit –
ja, und denn kommste in Verlegenheit…

(8.)
Sei nicht blöd: Schleichst du zu ander’n Frauen
und die deine soll dir nicht misstrauen,
dann, wenn sie auch alt und brav und treu,
tu, als ob ihr nicht zu trauen sei!
Spricht se mit ’nem Anderen auch nur flüchtig,
brause auf und tu recht eifersüchtig!
hau ihr eine runter fürchterlich –
sowas schmeichelt ihr, denn freut se sich!

(9.)
Sei nicht blöd: ’n Rätsel ist das Heiraten.
Bei ’ner Heirat kann man leicht vorbeiraten.
Nimm dir keine Frau, die dünn und schlank –
die ist nervös, die hat ’nen schnellen Gang,
die ist flink, will alles seh’n und haschen,
wird bei ’nem Rendezvous dich überraschen,
doch ’ne Dicke kommt nicht so vom Fleck –
eh‘ die dahinter kommt, da biste weg!

(10.)
Sei nicht blöd, dann bist du wohl gebettet,
einst hab’n Gänse ’s Kapitol gerettet –
also merk dir das zu deinem Wohl:
Nimm die Gans und denk‘ ans Kapitol!
Ist sie alt, nimm sie in aller Kürze,
denn je mehr de wart’st, je älter wird se.
Ist sie hässlich, mach dir auch nichts draus:
Mache vor ’nem Kuss de Lampe aus!“