Alles wegen de Leut

(1.)

Wir sind, glaub ich, nur auf der Welt – wegen de Leut.

Wir tun oft, was uns nicht gefällt, wegen de Leut.

Wir richten uns nie nach dem eigenen Behagen,

stets denken wir: Was werden wohl die Leute dazu sagen?

Wir gehen auf die Bälle, üben Wohltätigkeit –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(2.)

Wir sind in Gesellschaft exakt – wegen de Leut.

Da sehn wir auf Sitte und Takt wegen de Leut.

Frägt man uns: „Wie geht’s?“, sagn wir: „Gut! Danke sehr!“,

denn wenn wir sagen „Schlecht!“, na denn freut sich doch der,

drum sagen wir lieber „Gut!“, denn da platzt der vor Neid.

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(3.)

Wir gehen voller Schick, voller Glanz – wegen de Leut.

Wir lernen jeden neuesten Tanz – wegen de Leut.

Zu Hause essen wir Hering, der kost nicht viel Geld,

doch wenn wir einmal ausgehn, werden Austern bestellt.

Und dann sagen wir noch blasiert: „Schon wieder Austern heut?“ –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(4.)

Wir schwärm’n für die Kunstgalerie – wegen de Leut.

Wir gehen in die Philharmonie – wegen de Leut.

Wir schwärmen für Wagner – ’s ist oft Heuchelei –

Gehen in die „Nibelungen“ und schlafen ein dabei –

Im Winter in Berlin und im Sommer in Bayreuth –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(5.)

Wir fliegen in dem Flugzeug sehr weit – wegen de Leut.

Wir reisen bis New York und Shanghai – wegen de Leut!

Im Sommer, da wär’s auch zu Hause recht schön,

aber was würden da die Leute sagen: Das Meer muss man doch sehn!

Und da gehen wir sogar baden – nicht wegen der Reinlichkeit –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(6.)

Unsre Frauen gehen immer modern – wegen de Leut.

Wenn’s Mode ist, schnür’n se sich gern – wegen de Leut.

Ist die Frau auch sehr dick, sie muss rein in die Kluft.

Und denn sitzt sie da beim Essen und denn kriegt sie keene Luft.

Und’s Essen rutscht nicht runter, zu enge ist das Kleid –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(7.)

Man schränkt in der Liebe sich ein – wegen de Leut.

Herumpoussieren, das darf nicht sein – wegen de Leut.

Kaum kennt man das Mädchen, muss man zum Altar

und denn tut man oft so glücklich und et ist doch jarnich wahr.

Und man kriegt drei, vier Kinder in ganz kurzer Zeit –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!

 

(8.)

Nun sah’n Sie, was alles geschieht – wegen de Leut.

Schaun Se mich an, auch ich sing dies Lied – wegen de Leut.

Ich sing doch den Quatsch nicht zu meinem Vergnügen!

Wegen mir würden Se mich nicht mal an mein Arbeitsschreibtisch kriegen.

Und ich tu’s auch nicht für’t Jeld, nein, das täte mir Leid –

Alles wegen de Leut, wegen de Leut!