Herr Neureich
(Prolog)
Das ist der neue Reichtum,
der mir sehr wohl gefällt.
Sie mögen sagen, was Se woll’n:
das Geld regiert die Welt.
(1.)
Eine Villa hab‘ ich mir gekauft sogleich,
denn des Menschen Villa ist sein Himmelreich.
Ein verarmter Graf hat sie mir abgegeben.
Sein Wappen ließ ich kleben, aber dicht daneben
steht mein Name über meine Tür
und ick stell‘ mir jerne unter ihr.
(2.)
In meinen Zimmern liegt een Teppich uff’m andern,
schon vor der Türe dree, eh‘ ins Haus wir wandern.
Und auch „Jobeline“ könn’n wir nicht entbehren.
Schon draußen beim Portier, da hab’n wir drei „Portjöhren“.
Allens ist aus Seide und aus Plüsch.
Der Lateiner sagt: „Nobless o plüsch!“.
(3.)
Uns’re Räumlichkeiten zeig‘ ich gerne immer:
Rechts fünf Herrenzimmer, links fünf Frauenzimmer,
und ein Badezimmer, marmorüberladen,
liegt nach hinten. Meine Frau und ich, wir baden
regelmäßig und vergessen’s nie:
Einen Sonnab’nd ich und einen sie.
(4.)
Meine Bibliothek wird immer riesig schön befunden.
Ich hab zwölfhundert Bücher, prächtig eingebunden.
Links fünfhundert rote, graue, grüne, gelbe,
rechts von gleicher Größe ganz genau dasselbe.
Mittendrin zweihundert Stück in blau –
Ja, die Deckel kenn‘ ick janz genau.
(5.)
Auch geschenkt bekomm‘ ich manches Buch zum Lesen.
Kürzlich bin ich in Gesellschaft mal gewesen –
und mit einem Herrn vom allerfeinsten Schlage
unterhielt ich mich – und schon am nächsten Tage
bracht‘ der mir ein Buch von Knigge an.
Das find‘ ich äußerst nobel von dem Mann.
(6.)
Bilder schaffte ich mir allerhand an.
Langt der Platz nicht, bau’n wir noch ’ne Wand an.
Die Tapeten hängen voll von meinem Gelde.
Ich hab aus feinstem Öl die feinsten Ölgemälde.
Und an jedem Bild, damit man weiß,
was die Sachen kosten, klebt der Preis.
(7.)
Habe alle Maler mit berühmtem Namen.
Kauf ich Bilder, guck ich immer nach dem Rahmen,
denn so’n goldner Rahmen ziert die Wand am meisten.
Ich hab die größten Bilder mit de dicksten Leisten
und ein kleines Bild von Rembrandt bloß –
na Jott, Rembrandt war ja och nich‘ groß.
(8.)
Auf meinem Schreibtisch hab ich herrliche Kulpsturen,
aus reinstem Marmor sind bei mir die Gipsfiguren.
Auch ’ne Venus hatte man mir angeboten,
die war von Mikosch, doch ihr fehlten beide Pfoten.
Da sagt ich: „Nein, ich lass mir nicht betrüg’n,
für det Jeld kann ick ’ne janze krieg’n!“
(9.)
Auch ’nen Flügel hab’n wir, einen Riesenkasten,
vorne weiße Tasten, hinten schwarze Tasten.
Meine Tochter, die vor lauter Rührung weinte,
spielte gleich von Beethoven die „Neunte“.
„Spiel nicht gleich die Neunte!“, sagte ich,
„Die andern achte kenn‘ ick och noch nich‘.“
(10.)
Möbel hab’n wir, herrliche und äußerst viele,
besonders Stühle, eng, von ganz besond’rem Stile.
Meine Frau kann solchen Stuhl nur schwer benützen,
sie ist zu breit, da hat sie keinen Platz zum Sitzen.
Sie kommt ja rein, das geht noch äußerst knapp,
bloß wenn se hoch will, krieg’n wir’n Stuhl nicht ab.
(11.)
Meine Frau trägt Kleider aus der Kunstwerkstätte.
Sie hat die allerfeinste Damentoilette.
Und die größten Ringe trägt sie, Riesendinger,
die muss sie haben, denn sie hat sehr starke Finger,
und ein Riesenhalsband ebenfalls,
denn sie hat ’nen ziemlich fetten Hals.
(12.)
Im Theater sah’n wir kürzlich „Faust und Grete“,
das ist ein neues Stück von ’nem gewissen Goethe.
Doch ich muss sag’n, ich konnt‘ nicht lachen drüber.
Meine Frau meint auch, ihr wär‘ das Kino lieber.
Doch ich sagte: „Lass das Schimpfen bleiben!
Der Mann wird sicher bald was Bess’res schreiben.“
(13.)
Unsre Dienerschaft gleicht einem Bienenschwarme,
wir haben vier Mamsells, zwei kalte und zwei warme.
Wir klingeln gern, da komm’n se alle gleich in Massen.
Nur ’ne alte Köchin hab’n wer gleich entlassen,
weil meine Frau mit der vor zwanzig Jahr
mal zusamm’n bei eine Herrschaft war.
(14.)
Auch zu reiten hab‘ ich jetzt noch angefangen,
das ist sehr schwer for den, der stets zu Fuß gegangen.
Wenn ich reit‘, brauch‘ ich die ganze Pferdelänge.
Sie glauben gar nicht, wie ich an dem Pferde hänge!
Und klug ist das Tier: Wenn ich mal fall‘
und nach Hause komm‘, ist es schon im Stall!
(15.)
Meiner Frau macht’s Reiten immer viel Vergnügen.
Bloß ist sie schwer, nun ist sie schwer auf’s Pferd zu kriegen.
Zweie halten’s Pferd und dreie müssen schieben,
bis sie hoch ist – und dann steht noch einer drüben,
der nach oben seine Arme hält,
damit se drüben nicht wieder runterfällt.
(16.)
Mittags ham wir immer eine Menge Gäste.
Zu den Leuten sag‘ ich: „Fressen Se man feste!“
„Ich beneide Sie!“, sagt mancher, den ich lade.
Dann sag ich: „Das woll’n wir ja auch gerade.
Sie soll’n sich ärjern und soll’n neidisch sein.
Dazu lad’n wir ja die Leute ein!“